Zufälle gibts man glaubt es nicht

Um 8 Uhr verlassen wir Graz, die Luft ist noch angenehm kühl. Das wollen wir nutzen, denn heute soll es wieder richtig heiß werden. Auf Radwegen rollen wir hinaus aus der Stadt. Viele Radler kommen uns entgegen, sie sind wohl auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz. So wird es auch uns bald wieder ergehen. Ein komisches Gefühl kommt in uns auf, wenn wir daran denken.

Schnell haben wir Graz hinter uns gelassen und folgen dem Mur-Radweg bis Bruck. Dann biegen wir auf den Mürz-Radweg ab. Für unsere Verhältnisse ist es recht flach und so staunen wir umso mehr als Sebastians GPS zur Mittagszeit schon 700 geradelte Höhenmeter anzeigt. Da kann doch was nicht stimmen. Es ging zwar auf und ab, aber doch nicht so viel? Wahrscheinlich hatte es heute keine Lust gehabt korrekt zu arbeiten. Am Abend haben wir knapp 100 km zusammen, wir sind uns einig, hätten wir die Landstraße gewählt wären es bestimmt nur 70-80 km gewesen. Diese Radwege verlaufen so viel zick-zack. Ständig überquert man den Fluss, dann die Eisenbahn, nach wenigen Metern geht es dann doch wieder zurück auf die andere Seite…Zicke-Zacke-Hühnerkacke… Doch dafür ist kein Verkehr und so genießen wir es sehr.

Am Abend zapfen wir Wasser auf einem Friedhof ab, dann machen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. Da recht viel bebaut ist, verlassen wir die große Straße und radeln Richtung Fluss und Wald. Wir entdecken ein Gelände mit Holzhütten, zwei Erwachsene und ein paar Jugendliche befinden sich dort. Sebastian fragt ob wir auf der gegenüber liegenden Wiese schlafen können. Die zwei Männer bieten uns ihr Gelände an. Da könne uns dann auch kein Bauer weg scheuchen. Wir waschen uns im Fluss und Sebastian genehmigt sich noch eine Reifenpartie mit den Jugendlichen. Gemeinsam laufen sie ca. 100 Meter flussaufwärts, dort befindet sich ein kleines Wehr. Sie lassen die dicken LKW Schläuche zu Wasser und treiben zurück.
Es sieht nach Regen aus und da alle nach Hause gefahren sind, beschließen wir uns unter das Dach zu legen. In der Hoffnung, dass die Plane darüber dicht hält.

Regen gab es keinen, ganz im Gegenteil der Himmel war in der Nacht klar und somit war es erstaunlich frisch. Um halb 8 saßen wir auf den Rädern und folgten dem Radweg. Noch war nichts los auf den Straßen. Außer ein paar Hundebesitzern und ganz sportlich motivierten Menschen sah man niemanden. Ist ja auch kein Wunder, heute ist Feiertag in Österreich, da schlafen die meisten natürlich auch erst einmal aus. Um halb 10 erreichen wir die kleine Stadt Mürzzuschlag. Irgendwie ist der Wurm drin. Wir fühlen uns zäh und uns wäre jetzt schon wieder danach uns hin zu legen und zu schlafen. Wir wissen nicht so recht weshalb und beschließen erst einmal einen Kaffee zu trinken, in der Hoffnung dass es danach wieder besser ist. Viel geändert hat sich nicht, doch auf die Räder müssen wir trotzdem, wir wollen morgen in Wien ankommen. So strampeln wir weiter, ab sofort geht es bergauf, da wir den Semmering überqueren müssen ehe es dann wieder hinab ins Flachland geht. Während wir in der Bäckerei saßen, haben sich etliche Wolken am Himmel zusammen gebraut. Gewitter ziehen auf und so stellen wir uns mehrmals unter und warten bis es vorbei gezogen ist. Wir sind kurz vor der Passhöhe, da begegnen uns zwei Radler mit Gepäck. Wir grüßen kurz und fahren weiter, werden dann aber aufmerksam als einer laut „Hey“ schreit. Wir schauen zurück und sehen wie sie drehen und uns hinter her radeln. Was ist nun? Wir halten an und warten und sind ganz verdutzt als der junge Mann fragt: „Seits ihr die 5 rollenden Räder?“ Bei dem Paar handelt es sich um Linda und Manuel. 20150815_1155_P1080597_TZ10Zur Zeit als wir in Zentralasien waren hatten wir etwas e-mail-Kontakt mit ihnen. Sie hatten uns damals irgendwo im Internet gefunden und waren zeitgleich in Kasachstan unterwegs. Damals wollten sie etwas wissen und wir dachten wir könnten uns treffen da sie auch weiter nach Süd-Ost-Asien radeln wollten, doch wir hatten uns in Kirgistan verpasst und nie gesehen, auch der e-mail Kontakt brach ab. Und nun hier, auf dem Weg zum Semmering-Pass, kommen uns die beiden entgegen und Linda erkannte Sebastian. Da es gerade nicht regnete standen wir lange auf der Straße und plauderten. Es hatte gut gepasst und gerne wären wir mit ihnen weiter geradelt doch sie fahren in die andere Richtung, in einer Woche wollen sie in Osttirol auf einer Hochzeit sein. So trennten wir uns zur Mittagszeit und strampelten den Pass hinauf. Oben angekommen war einiges los. Das Skigebiet wird im Sommer von Extrem-Mountainbikern genutzt. Mit der Gondel fahren sie auf den Berg und rollen dann auf schlechten Pisten oder in einem Down-Hill-Park nach unten.20150815_1233_P1080599_TZ10 Wir beobachten das Spektakel einen Moment, dann rollen wir ganz gemütlich hinab ins Tal. Wieder zieht ein Gewitter auf. Eben war es noch blau am Himmel, keine halbe Stunde später hängen dicke schwarze Wolken über uns. Wieder stellen wir uns unter und trauen unseren Augen kaum. Wir stehen bei einem Supermarkt und plötzlich kommen viele Autofahrer. Wie wir mitbekommen wohnen sie in der direkten Nachbarschaft und haben nun ihr Auto schnell unter das Dach gerettet, damit es nicht nass und dreckig wird. Mein Gott wo sind wir hier gelandet. Sorgen muss man haben….


Wir kommen auf den Euro Velo 9 Radweg und benötigen Wasser für den Abend. Wir sind in Wiener Neustadt und radeln an einer Neubausiedlung vorbei. An einem Eckhaus sehen wir Erwachsene und Kinder im Garten sitzen. Wir halten an und fragen nach Wasser. Na sicher, das können wir haben. Wir reichen all unsere Flaschen über den Zaun, nach einander kommen die drei kleinen Mädels (ca. 6-8 Jahre alt) mit vollen Flaschen zurück. Wir kommen kurz ins Gespräch und die Hausherrin (Martina) läd uns auf einen Kaffee ein. Wir haben noch etwas Zeit und so sagen wir nicht ein. Keine 2 Minuten später sitzen wir mit ihnen im Garten, trinken Kaffee und essen Kuchen. Martina hat Besuch von ihren Schwestern, Schwager und Nichten. Wir unterhalten uns lange und viel. Wir müssen weiter es ist schon halb 8, bald ist es dunkel. Wir erkundigen uns, wo es hier die nächste Wiese gibt. Sie überlegen lange, haben dann eine Idee und wir wollen los, da meint Martina wir könnten doch in ihrem Keller schlafen. Das klingt natürlich nicht schlecht. Vor allem wenn man nicht weiß ob es noch Gewitter in der Nacht gibt oder nicht. So nehmen wir das Angebot dankend an und sitzen bis kurz vor Mitternacht im Garten. Wir hätten gar nicht gedacht, dass es schon so spät ist, wenn da nicht die drei Mädels sich der Reihe nach in Decken gepackt auf den Boden gelegt hätten zum Schlafen. So fuhren die Schwestern mit Kind und Kegel heim und wir blieben bei Martina. Wir durften noch duschen und es uns dann in einem hübsch eingerichteten Kellerraum auf der Couch gemütlich machen.

Am Sonntag frühstücken wir gemeinsam mit Martina auf der Terrasse. Eigentlich wollten wir um 11 Uhr weiter radeln. Aus 11 wurde aber schnell 12 und schlussendlich schafften wir dann um 13 Uhr den Absprung.

Wir wussten, dass es bis Wien nur noch 50 km sind, so war dies kein Problem. Wir folgten wieder dem Radweg, dieser führte uns immer an einem historischen Kanal entlang.
Es war drückend schwül und kurz vor Wien machten wir nochmals Pause. Sebastian meinte von hier aus sind es noch 15 km Luftlinie bis zur Moni. Das ist ja ein Klacks, da sind wir gleich. Doch Pustekuchen. Der Radweg führte uns zick zack hin und her, einmal dachte ich wir verlassen Wien schon wieder und fahren in die falsche Richtung. So benötigten wir dann am Ende doch noch mal knapp 2 Stunden bis wir endlich da waren. Just in dem Moment als wir auf der Straße standen und uns überlegten ob das nun das richtige Haus ist, kam Moni um die Ecke gebogen. Sie half uns die Räder und Gepäck in die Wohnung zu bringen, da tauchten Claudia und Robert sowie Monis Mutter auf. Was für ein Timing. Besser hätte es nicht gehen können. Moni, Claudia und Robert hatten wir in Thailand (Udon Ratchathani) kennen gelernt. Nun dürfen wir bei Monis Mutter übernachten. Eine 200m² große Altbau Wohnung, da ist noch genügend Platz für uns. Moni kochte am Abend ein herrliches Essen für uns. Brokkoli mit Schinken umwickelt und Käse überbacken dazu Reis. Herrlich!! Das Essen wird immer besser und heimischer 🙂 Keine üblen Überraschungen mehr wie Hühnerfüße oder glibbrige Röhrchen in der Suppe!

2 Gedanken zu „Zufälle gibts man glaubt es nicht

  1. Bernadette Fallmann

    Hi!
    Wir sind eure GastgeberInnen von heute, Sonntag: Bernadette, Christoph und Christoph’s Eltern (Ilse und Fritz)! Für weiteren Kontakt stehen wir jederzeit bereit! Glg und gute Reise!

Schreibe einen Kommentar