Der Bürgermeister

Am Morgen erleben wir wieder das faszinierende Ballon-Schauspiel. Dieses Mal bei herrlich blauen Himmel, es sieht gigantisch aus. An die 90 Stück habe ich zählen können.

Wir verlassen den Campingplatz und machen uns auf den Weg nach Kaymakle. Dort besichtigen wir eine „Underground City“. In den letzten Tagen haben wir die Feenkamine besucht, in denen man im Fels nach oben steigt nun ist es umgekehrt. Über 8 Etagen geht es tief in den Boden hinab. Leider kommen wir ziemlich ungünstig dort an, denn ein Bus voller Schulkinder ist schneller als wir. Nunja, wir kaufen uns trotzdem ein Ticket und mogeln uns an der Schulklasse vorbei.
Die Gänge darin sind sehr eng, wir sind froh, dass wir noch rechtzeitig an der Schulklasse vorbei kamen, sonst hätte es wohl zur völligen Verstopfung darin geführt.


Nach der Besichtigung steigen wir wieder auf die Räder und machen uns weiter auf den Weg Richtung Kayseri. Wir radeln auf kleineren Nebenstraßen und werden belohnt mit einer tollen Aussicht auf schneebedeckte Berge. Der Weg könnte so schön sein aber einen Haken gibt es dann doch. Der Wind!!! Auf relativer flacher Strecke kommen wir nur mühsam voran, um es genau zu nehmen mit 11 km/h.

Müde und abgekämpft erreichen wir nach 70 km das Dörfchen Gülbayer. Wir fragen einen älteren Herren ob wir das Zelt in der Nähe seines Hauses aufstellen dürfen. Nach einigem Hin und Her wird uns ein Platz zugewiesen. Das Zelt steht schnell, mit super Aussicht auf das Tal und den dahinter liegenden Berg Erciyes Dagi.IMGP5253Wir haben uns schon auf unsere traditionelle Nudel-Koch-Orgie gefreut, da rollt ein altes Auto auf uns zu. Das Gelände ist sehr steinig, doch es scheint den Fahrer nicht zu stören. Er fährt bis zu uns und steigt aus. Sein Aussehen erinnert mich an einen Halunken oder „türkischer Mafiosi“. IMGP5256Mir rutscht schon wieder das Herz in die Hose und ich frage mich, was der nun will. Auf Türkisch und mit dem Ohne-Wörter-Wörterbruch (dies hat sich in den letzten Wochen schon sehr bewährt!!) versucht er uns irgendetwas deutlich zu machen. Wir verstehen: „dass er eine Pension im Dorf hat und uns ein Zimmer und Essen anbietet. Zelten sei doch zu gefährlich, wir sollten mit ihm mitkommen.“ Wir sind sehr skeptisch, lassen uns aber darauf ein. Wir steigen in seinen uralten Wagen ein und rumpeln mit ihm über das unebene Gelände. Er fährt zu einem Haus, vor dem ein älterer Herr steht. Dieser kann Deutsch und bringt uns nun mal auf den richtigen Stand. Achtung was jetzt kommt: Der vermeintliche „Mafiosi“ ist Bürgermeister vom Dorf und möchte uns zu sich nach Hause einladen. Jetzt sieht die Situation schon ganz anders aus. Also fahren wir mit zu ihm. Zelt und Räder bleiben zurück.
Bis auf die Haustür sieht sein Haus von außen sehr dürftig aus und unterscheidet sich nicht von den restlichen Häusern. Doch im Innenbereich fallen uns beinahe die Augen aus dem Kopf. Wir werden in ein Zimmer geladen, das ausgestattet ist mit riesigen Sofas, verziert mit Glitzersteinen und einem Vorhang der nur so funkelt. Wir unterhalten uns, seine Frau bereitet das Essen zu, ein Cousin wird telefonisch hinzugezogen.IMGP5255Er lebte einige Zeit in Mannheim und kann somit gut Deutsch. Er berichtet uns, dass der Bürgermeister möchte, dass wir bei ihm übernachten. Okay, und was passiert mit unserem Zelt und den Rädern? Nach einem leckeren Abendessen steigen der Bürgermeister und Sebastian wieder in das Auto um unsere Habseligkeiten zu holen. Es ist schon lange dunkel und gleicht einer Nacht- und Nebelaktion. Ich bleibe mit der Frau zurück im Haus. Sie zeigt mir ihre Familie auf Fotos, ich die meine und lerne dabei was Mama und Oma auf Türkisch heißt. (Von dir liebe Summse, war sie im Übrigen sehr fasziniert!!)

Sebastian: Als ich mit dem Bürgermeister bei den Rädern angekommen bin, war auch sogleich der Bewacher der Räder (der uns den Zeltplatz vermittelte) mit einer Taschenlampe vor Ort. Als ich in aller Dunkelheit schnell das Zelt wieder abgebaut und verpackt hatte, dämmerte es unserem Gastgeber, dass dies alles wohl niemals in seinen kleinen Renault gehen wird. Nebenan hörten wir wie sich ein Traktor den Berg hinauf zum Dorf quält und wir einigten uns schnell darauf, das es nur so gehen kann. Kurzes Telefonat und nach 5 Minuten kam ein Traktor mit Anhänger über die Holperpiste zu den Rädern getuckert. Kurz alles verladen und dann geht es wieder mit Schrittgeschwindigkeit und der passenden Musik im Auto dem Traktor hinterher den Berg hinauf. Ich musste mich sehr am Riehmen reisen um mich nich Tot zu lachen, da auch die Fahne des Anhängers auf dem Traktor liegend noch so schön zur Musik getanzt hat. Im Nachhinein erinnert das Ganze so wie teils im Kinofilm „Die Kirche bleibt im Dorf“.IMGP5260Nachdem alle wieder wohlbehalten zurück sind wird das Bett gerichtet. Wir erhalten sogar Schlafanzüge und Betthupferl für die Nacht. Besser kann es uns doch nicht gehen. Gute Nacht!

7 Gedanken zu „Der Bürgermeister

  1. tifig

    Hallo zusammen

    Uebers Radreiseforum bin ich erst auf euch aufmerksam geworden. Wir haben uns haarscharf verpasst 🙁
    Ich wuensche euch gute Gesundheit und viel Rueckenwind
    Gruss aus Gelibolu
    Martin (tifigontour.wordpress.com)

  2. Summse und Daniel

    Man kommt aus den Staunen kaum heraus… Was ihr alles erlebt… Die Landschaft, die tausend Ballons die mal eben über euch rüber schweben, die sagenhafte Gastfreundschaft… Unglaublich!
    Ich habe das Gefühl, ich lese mit eurem Blog eine Geschichte. Jede paar Tage lese ich ein neues Kapitel. Es fesselt einen richtig 🙂

    Und Pyjama- Party ist auch mal eine schöne Abwechslung 😀 steht euch gut hihi.

    Fühlt euch fest gedrückt.

  3. Bella

    Mannem 🙂 ach ja die Welt ist klein…
    Sexy Schlafanzug. …steht dir Beibara echt gut …und die Farben 😀 ich habs doch immer gewusst )!!!!
    In so einem tollen Outfit hast du bestimmt gut geschlafen. 😛

    1. Barbara Beitragsautor

      Aber Hallo 🙂 Und wie gut ich in diesem leichten Pink geschlafen habe! Dieses Outfit wäre etwas für nächsten Fasching gewesen 😉 Frohes Arbeiten!! Vielleicht erkennt mich HD ja nun auf dem Bild! 😀
      Es grüßt euch herzlich die Beibaraaa

  4. DanielundIsabel

    Ein Hoch auf die getarnten Bürgermeister! Die besten Leute sind die, die man unterschätzt. Besonders kleidsam sind eure Nachtgewänder. Da ich diese nicht auf der Packliste finde, gehe ich davon aus, dass ihr diese verpflichtend ausleihen musstet. Internationale Klischees bedienendes Rosa für die Dame und ein elegantes Etwas für den Herrn. Getrennte Betten dürfen da ebenfalls nicht fehlen.
    Hoffe ihr hattet ebenso viel Spaß wie ich beim Betrachten eurer Bilder.
    Gruß, Daniel

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