Da wir gestern schon die sämtlichen Kontrollen und Menschenmassen am Bahnhof gesehen haben, sind wir etwas skeptisch, wie das heute, mit all dem Gepäck ablaufen wird. Deshalb machen wir uns knapp 3 Stunden vor Abfahrt auf den Weg zum Bahnhof. Ein Taxi ist in Sekundenschnelle gefunden, hatten wir doch gleich vier zur Auswahl, die gerade vor dem Hotel an der Ampel standen. Am Bahnhof angelangt, heißt es nun Gepäck schleppen, hier gibt es nämlich keine Gepäckwagen. Jedoch haben die Einheimischen schon den Braten gerochen, prompt steht ein Chinese mit seiner Sackkarre vor uns und läd die Taschen auf. Wir folgen ihm zum ersten Kontrollposten. Dort läd er alles wieder ab und da er einen horrenden Preis für diese 20 Meter verlangt und etwas laut wird, als Sebastian verhandeln will, verzichten wir nun auf jeglichen Transporteur und tragen unseren Krempel alleine herum. An der ersten Kontrolle müssen wir unsere Ausweise sowie Tickets vorlegen, dann geht es weiter. Vier lange Schlangen stehen uns zur Auswahl, an eine müssen wir uns anstellen, denn von dort aus geht es zur nächsten Kontrolle. Wahnsinnig viele Menschen wollen heute verreisen und vor allem mit jeder Menge Gepäck. Wir sind also nicht die Einzigen die mit ihrem ganzen Haushalt unterwegs sind 🙂
Langsam geht es voran, die Chinesen sind ziemlich laut und ungeduldig. Sobald es „einen Schritt“ weiter geht, man aber nicht gleich aufrückt, dann wird sofort von hinten geschoben. Wir erreichen die zweite Kontrolle, hier wird unser Gepäck durchleuchtet, wir werden etwas oberflächlich abgetastet und dann heißt es: „Taschen öffnen!“ Sie haben unsere Trinkflaschen zu beanstanden. Vor ihren Augen muss ich das Wasser trinken, von jeder Flasche min. einen Schluck, damit sie wissen, dass da nichts „Hochexplosives“ drin ist. Tja, was hätten sie gemacht, wenn ich in meiner Wangentasche ein Pülverchen gehabt hätte, dass nun mit einem Schluck Flüssigkeit reagiert und alles in die Luft sprengt? Denken wir nicht darüber nach, sollen sie doch machen was sie wollen. Schlussendlich wollten sie dann nichts mehr sehen, d.h. die leere Benzinflasche, 4 Messer (eines davon eine Art „Dolch“!) sowie mein „Schlagstock“ kamen ungehindert in den Zug. Naja, eine „Pseudo-Kontrolle“ die wohl einfach etwas abschrecken soll.
Nun haben wir die Bahnhofshalle erreicht und müssen in den 2. Stock. Da die Rolltreppe in Wartung ist, dürfen wir unser ganzes Gepäck über viele viele Stufen hinauf tragen. Oh man, wer kam nur auf die Idee so viele Sachen mit zunehmen. Auf dem Rad macht sich das Gewicht nie so sehr bemerkbar. Im 2. Stock angekommen gelangen wir in eine Wartehalle, da alle Bänke schon belegt sind setzen wir uns an die Seite auf den Boden und haben jede Menge Zeit zu beobachten. Uns vergeht als bald der Appetit., da wir mal wieder fest stellen: Die Chinesen sind zwar freundlich aber Schweine sind sie trotzdem. Da wird auf den Boden gerotzt, was einem nicht schmeckt wird kurzerhand ausgespuckt und Hände waschen nach dem Toilettengang: Wieso?? Natürlich sind wir Deutschen da nicht unbedingt die Vorzeigeleute, doch auf den Boden in einer Wartehalle zu spucken bzw. jegliches Körpersekret dort abzulassen, einfach ekelhaft! Kinder tragen hier keine Windeln, sie haben stattdessen eine Hose an, mit einem großen Schlitz im Schritt. Dieser öffnet sich automatisch wenn sie in die Hocke gehen, dann hängt der halbe Hintern heraus. Auch während einer Zugreise werden wohl keine Windeln getragen, denn wir beobachten des öfteren, wie die Kleinen einfach auf den Boden pinkeln, im Beisein ihrer Eltern!!!! Bzw. wenn sie noch zu klein sind werden sie von den Eltern hoch gehoben. Dies haben wir sogar auch schon in einem Supermarkt erlebt. Für was gibt es eigentlich Toiletten, liebe Chinesen??
Nach knapp 1,5 Stunden kommt dann Bewegung ins Spiel. Die Menschen stellen sich in Reihen vor das Absperrgitter. Wir stellen uns dazu, denn schließlich fährt der Zug in 40 Minuten. Jetzt dürfen wir bestimmt einsteigen. Doch nichts geschieht. Langsam fragen wir uns ob wir hier richtig sind und halten verschiedenen Personen unsere Tickets unter die Nase um deren „okay“ zu erhalten.
Dann, 15 Minuten vor Abfahrt!, wird in der ersten Reihe (von 5!) das Törchen in der Absperrung geöffnet und eine kleine Massenpanik bricht aus, da nun alle Reisenden zu dieser Öffnung wollen. Da wird geschoben und gedrückt, wer es hindurch geschafft hat spurtet los. Verrückt….
Wir kommen auch irgendwie hindurch und erreichen eine nächste Ticketkontrolle, dann stehen wir endlich vor dem Zug. Wir finden schnell unser Vierer-Abteil und sind heil froh als wir unsere Mitfahrer kennen lernen. Ein junger Mann (etwa unser Alter) und ein älterer Herr, sie haben beide kaum Gepäck dabei, so können wir uns gut arrangieren und unseren Krempel unter bringen. Ebenfalls sind sie freundlich und haben gute Manieren. Ich hatte ja schon die Befürchtung, dass wir uns mit jemand das Abteil teilen müssen, der ständig seinen Schleim aus dem tiefsten Körperinneren hervor holen muss (wie z.B. unser Abteil-Nachbar!) oder ausgiebig beim Essen schmatzt, so dass man das Gefühl bekommt, man befinde sich im Schweinestall. Es mag übertrieben klingen, doch es ist so und daran habe ich noch schwer zu kauen. Es ist einfach absolut unästhetisch.
Das Abteil entspricht völlig europäischem Standard. Es gibt sogar kostenlos heißes Wasser zu jeder Zeit. Die Fahrt beginnt, am Abend startet ein Opa aus unserem Wagon sein Sportprogramm. Er läuft den Wagen auf und ab, stundenlang. Wenn der Zug am Bahnhof hält steigt er aus und dann wird auf dem Bahnsteig Gymnastik gemacht. Sehr vorbildlich, doch es sieht sehr lustig aus 🙂
Während Sebastian mal wieder die Zeit am Laptop nutzt, nähe ich uns ein paar Ledergriffe. Naja, Leder ist es nicht wirklich, es ist eher Kunstleder doch wir hoffen das es ebenso gut ist. In Bishkek hatten zwei Radler sich solche Griffe vom Schuhmacher machen lassen. Wir wollten dies auch tun, da wir es chic fanden und unsere Griffe immer recht schnell das Kleben anfangen. Doch leider hatte der Schuhmacher damals keine Zeit, so kamen wir auf die Idee, dass ich das ja machen könnte. Gesagt getan, mal sehen wie lange es halten wird und ob es was ist oder ob wir es in den nächsten Tagen schon wieder abmachen werden. Nun was soll’s, so war ich wenigstens beschäftigt, denn Sebastians größte Angst ist: Barbara hat Langeweile!
Nachdem Sebastian einige Zeit am Computer war, möchte er diesen aufladen. Im Gang gibt es ein paar Steckdosen, doch schnell muss er erfahren, dass es kein Strom gibt. Na toll, es stehen noch 40 Stunden Zugfahrt an und es gibt kein Strom? Aber die Beleuchtung geht doch auch?? Wir entdecken Stromkabel an Sebastians Kopfende. Das ruft den Elektroingenieur natürlich auf den Plan. Wie zapft er nun am besten die Leitungen an? Doch es ist leider etwas zu umständlich und gefährlich, weshalb er dann doch von dieser Idee ablässt.
Am zweiten Abend zieht der junge Mann aus unserem Abteil aus, dafür kommt eine Mutter mit ihrer Tochter hinzu. Heute habe ich mir noch eine kleine Tasche für meinen neuen MP3-Player genäht. Die Mutter sah mir sehr interessiert dabei zu, als ich gerade im Begriff war einen Gummizug einzunähen, mir jedoch noch überlegte wie ich es am sinnvollsten anstelle, gab sie mir ein paar Tipps, die ich allerdings auf chinesisch nicht so gleich verstand. So gab ich ihr einfach das Täschchen und sie begann zu nähen. So vollendete sie dann das Werk. Ich zeigte ihr noch ein paar Bilder von der Familie, erklärte ihr wo wir her kommen und noch hin wollen, doch dann war die Kommunikation auch schon wieder am Ende. Schade! Doch Chinesisch ist mir einfach zu hoch!!
Nun denn, irgendwie bekamen wir die 49 Stunden herum. Nein, eigentlich waren es 50 Stunden, denn der Zug hatte eine knappe Stunde Verspätung.
Nun haben wir Chengdu erreicht. Hier sieht es völlig anders aus. Alles ist grün, es ist sehr warm und die Wälder sehen etwas „tropisch“ aus (zumindest das was wir vom Zug aus sehen konnten).
Unsere Räder haben wir auch wohlbehalten zurück bekommen. Da sind wir doch sehr froh!!! Wir radelten in die Stadt hinein. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft kamen wir an einem Platz vorbei an dem eine riesige Mao Statue steht. Diese wollen wir einmal näher betrachten, doch uns wird der Weg auf den Platz von Polizisten verwehrt. Das wir nicht über den Platz radeln dürfen, dass sehen wir ja noch ein, doch wir dürfen noch nicht einmal darüber schieben. Was soll das denn? So legen wir ihnen die Räder quasi „vor die Füße“ und wollen los laufen. Doch das passt ihnen auch nicht so recht. Sie müssen ein paar Meter weiter abgestellt werden. Dann dürfen wir auf den Platz, doch ganz geheuer scheint es ihnen immer noch nicht zu sein, denn aus zwei Polizisten werden plötzlich 10! Nachdem Sebastian ein paar Bilder geknipst hat, ziehen wir davon. Solche Erbsenzähler…
Wir radeln zu unserer Unterkunft. Zuerst dachten wir an ein Hotel. Direkt daneben befindet sich jedoch noch ein kleines Hostel. Es scheint mit dem Hotel zu kooperieren, ist aber mehr auf Rucksacktouristen ausgerichtet und bietet günstigere Zimmer. Wir nehmen das Hostel und sind sehr zufrieden. Wir haben ein sauberes Zimmer, Dusche und WC sind zwar außerhalb aber blitzblank.
Wir radeln noch zu einem Buchladen, in der Hoffnung eine detailliertere Landkarte zu erhalten, doch leider verkaufen sie keine Karten. Dafür haben sie noch ein kleines Restaurant angegliedert wo wir leckeres „westliches Essen“ bekommen.
Das heutige Frühstück:
Auf dem Weg nach Chengdu
In Chengdu:
Ich will so eine Schlitzhose! Aber wie funktioniert das bei noch nicht Lauf-Kinder?!
So eine Hose ist ganz einfach. Du nähst doch selbst 😛 Da lässt du einfach den Schritt offen 😉 Wie die das hier machen, haben wir auch noch nicht ganz verstanden. Sie machen das schon von Anfang an. Da sehen die Kinder noch richtig frisch geschlüpft aus, sitzen sie mit ihnen vor dem Haus und halten ihnen immer mal wieder die Beine auseinander 😀 Vielleicht beobachten sie da irgendeinen Rhythmus, an den sie sich dann im weiteren Verlauf halten??? Es scheint auf jeden Fall zu funktionieren. Doch mir tun die Kleinen immer so Leid, da sie unter der Hose wirklich nichts tragen. Heute war es recht frisch draußen und da lief ein kleiner Bub vor mir den Berg hinauf, ich hatte beste Einblicke in seinen Intimbereich… sehr gewöhnungsbedürftig….und der arme Bub muss doch frieren…?