Fahrradeskorte von zwei Jugendlichen

Ja also die Nacht 😀

Während Sebastian einen Sonnenuntergang fotografiert wird er von ein paar Männer angesprochen. Sie gehören zu den Frauen die im „Nachbarhäuschen“ bereits das Essen zubereiten. Ein kurzer Smal-Talk und es kommt wie es immer im Iran kommt, wir erhalten eine Einladung zum Abendessen. Da wir aber schon Nudeln gegessen hatten, lehnen wir dankend ab. Die Iraner lassen dies jedoch nicht zu, zumindest zu einem Cay müssen wir kommen. Es ist schon kurz vor 22 Uhr und ich bin hundemüde. Ich kann und mag einfach nicht und lehne die Einladung ab. Sebastian geht auf einen Cay mit, mit den Worten: „Barbara, in einer halben Stunde bin ich zurück!“ Ich lache nur und baue das Zelt auf. Es gibt so viele Stechmücken, sie sind unerträglich.

Um 00:45 Uhr kommt Sebastian in das Zelt gekrabbelt. Aus einem Cay wurden zwei, dann wurde noch der Grill angeschürt, wobei er nicht fehlen durfte und am Ende gab es noch Obst zum Nachtisch. Er hat den Absprung nicht geschafft. Dann wurde er entlassen, denn sie fuhren nach Hause um die WM nicht zu verpassen.

[Sebastian]

Als ich in der großen Runde ankam, haben schon alle auf mich gewartet. Es gab erstmal 2 große Cay und Kekse. Nach gut 40 Minuten wollte ich mich dann auf den Weg machen, doch mein Gastgeber signalisierte mir mit eher schlechtem English, dass es noch Essen gäbe und ich natürlich mitessen muss.IMGP6165Eigentlich dachte ich, er hätte kapiert, dass ich vor 1h erst einen großen Topf Nudeln gegessen habe, doch scheinbar nicht. Als dann der Grill angeschürt und die Tischdecken ausgerollt wurden, war mir klar, dass er keine Witze macht. Wir wissen ja nun nach gut 3 Wochen Iran schon, dass man kein sham, Dinner bzw. Abendessen macht bevor es dunkel ist, doch diese Runde hat um 23 Uhr damit begonnen! Da die Leute hier im Durchschnitt eher dünner sind als in Deutschland, ist somit der Irrglaube denen viele in Deutschland unterliegen widerlegt. Spät am Abend essen macht nicht dick! Unser Hotelier in Esfahan hat den Grund für ein paar Dicke darin gefunden, dass sie immer Reis und Brot zusammen statt nur eines von beiden essen. Zu Essen gab es gerilltes Hünchenfleisch und gegrillte Tomaten, Salat, Essiggemüse und natürlich wie immer und überall BROT. Auch hatte ich schneller als ich schauen kann wieder Doogh, das säuerliche Milchgetränk, vor mir stehen. Bis jetzt war es das Beste. (dritter Versuch) Es ist auch bekannt als ZamZam. Laut unseren Hotelier in Esfahan wird hierzu Joghurt und Wasser angerührt und mit Salz gewürzt. Entweder man lässt es dann in der Sonne gären (dann mit Kohlensäure, unser erster Versuch, sehr schlecht) oder man kühlt es sofort. (Versuch 2 und 3) Wenn es nicht ganz so salzig ist, kann man das durchaus gut trinken, doch Ayran in der Türkei hat mir besser gefallen. Anscheinend hat der Gesundheitsminister des Iran Doogh als Getränk empfohlen und vor allem Softtrinks verteufelt. Als Nachtisch gab es noch Bananen, Mirabellen, Gurken und Orangen. Parallel zum Nachtisch wollte jemand mit mir Karten spielen. Ich habe mir nur gedacht, dass kann doch gar nichts werden, wie sollen wir hier ohne Farsi bzw. fast keinen Englischkenntnissen ein Kartenspiel erklären? Er hat IMGP6166laufend von bist-o-yek (21) erzählt und die Wertungen der Karten aufgezählt. Schnell war also klar was er spielen wollte und es ging los. Nachdem er (der kleine links in der ersten Reihe) von ca. 25 Runden 5 gewonnen hatte war Schluss und wir haben uns wieder eher dem Essen gewidmet. Für mich war es eine Nachhilfestunde bei den Zahlen von 11-19. Diese sind in Farsi, wie auch in Deutsch und Enlisch anders als die zweistelligen Zahlen ab 20, sodass ich bis dahin erst sicher von 1-10 und von 20 aufwärts zählen konnte. 😉 Nachdem ich erfahre, dass Sie jetzt (Anpfiff gegen 1:30 Uhr) auch noch Fußball gucken und selbstverständlich morgen Arbeiten war ich doch schon überrascht. Dass mein Gesprächspartner trotz seines Berufs „Computeringenieur“ eher schlecht Englisch konnte, hat mich ebenso etwas überrascht.

Nachdem sie abgefahren sind beginnt das große Festessen der wilden Hunde. Ich bin heilfroh, dass wir im Zelt liegen, denn davor tummeln sich min. 7 Stück. Sie schmeißen die Mülleimer um und holen sich alles Essbare heraus. Es gibt regelrechte Kämpfe, die mitunter lautstark ausgeführt werden. Die Stechmücken haben am Abend auch volle Arbeit geleistet, es juckt überall. Die Nacht ist unerträglich, wir kommen kaum zur Ruhe. Am Morgen stehen wir ziemlich gerädert auf und fahren los. Es ist toll mal wieder einfach nur flach zu fahren! Ganz ohne Steigung.

Unterwegs werden wir von einem Autofahrer angehalten. Er drängt uns richtiggehend mit ihm zu kommen. Ein paar Meter weiter will er uns wohl Essen und Getränke anbieten. P1020314Er wedelt ständig mit einem Zeitungsausschnitt vor uns herum, auf dem er abgebildet ist. Ist es wieder einmal der Bürgermeister?? Wir haben eigentlich gar keine Lust, doch da es wohl nicht weit entfernt ist folgen wir ihm. Es entpuppt sich als eine Art Freizeitgelände am Strand. Mit Sitzgelegenheiten und Restaurant. Ehe wir uns versehen sitzen wir an einem Tisch, bekommen tiefgekühlten Saft und Eis mit P1020311komischen Fäden. Diese Fäden schmecken wie gefrorene Suppennudeln. Sehr merkwürdig. Während wir da sitzen und essen, kommt ein Polizeiauto vorgefahren, gefolgt von einem weiteren Wagen. Es steigt ein Mullah aus. Es werden Fotos geschossen, auch er bekommt Getränke gereicht. Wir nutzen die Gunst der Stunde um uns wieder aus dem Staub zu machen und radeln weiter.

Unterwegs kehren wir nochmal an den Strand zurück und sehen die Bereiche für Männer Blau (ganz hinten) und für Frauen Gelb. IMGP6169Irgendwo an der Straße stehen zwei Jungs mit ihren Rädern. Sie hängen sich an uns und begleiten uns. Ohne große Worte. Mal sind sie vor uns, dann wieder hinter uns. Sie warten sogar auf uns, während wir einkaufen gehen. Nachdem der Einkauf erledigt ist fahren wir weiter, wieder die beiden im Schlepptau. So langsam wird es blöd. Wollen wir uns doch nun ein ungestörtes Nachtlager suchen. Wir biegen von der Straße auf einen Feldweg ab. Die Jungs radeln weiter. Jetzt wären wir sie wohl los. Wir treffen auf einen Schäfer. Er fragt was wir wollen. Ehrlich und ohne groß nach zu denken, erzählen wir ihm, dass wir einen Schlafplatz abseits der großen Straße suchen. Er gestikuliert um sich, wir deuten es so, dass er uns vor den wilden Hunden warnen will. Wir sollten lieber mit zu ihm kommen. Da können wir das Zelt aufschlagen. Während er uns das mit Händen und Füßen erklärt, tauchen wieder die beiden Jungs auf. Sie unterhalten sich kurz mit ihm und bringen uns dann zu seinem Haus, während er mit den Schafen hinterher kommt. Als wir alle am Hof ankommen herrscht großes Tohuwabohu. Wir verstehen zwar nicht um was es geht, aber die Frau des Hauses scheint wenig begeistert über unsere Anwesenheit zu sein. Wir fühlen uns nicht wohl! Die zwei Jungs sind immer noch da und telefonieren bereits. Plötzlich bekommt Sebastian das Handy ans Ohr gedrückt. Am Telefon ist die Cousine von einem der Jungs, sie wohnt in Frankfurt. Sie berichtet, dass die Jungs sich bei ihr gemeldet hätten und sich sorgen über uns machen. Der Schäfer und seine Familie „seien wohl Gauner“ „Sie wollten uns bestimmt was Böses tun“. Die beiden Jungen würden einen sicheren Schlafplatz kennen und ob wir mit ihnen gehen würden. Okay, da wir die ganze Situation auch nicht sehr geheuer finden verlassen wir den Schäfer und folgen den Jungs, in die Stadt. Einer von ihnen berichte, dort gäbe es einen sicheren Park. Na, da sind wir ja mal gespannt.

Wir trauen unseren Augen kaum, als wir mitten in der Stadt an einem Park ankommen wo Jubel, Trubel, Heiterkeit herrscht und die Jungs (mittlerweile wissen wir auch ihre Namen Ali und Armin) uns sagen, dass dies der perfekte Nachtplatz sei. Sie geben uns noch ihre Telefonnummer für den Notfall und verschwinden. So sitzen wir da und sind die Attraktion schlecht hin. Von allen Seiten sind die Blicke auf uns gerichtet. Doch nur wenige trauen sich zu uns. Wir essen in aller Ruhe, danach kommen die ersten neugierigen Kinder, die zum Teil von ihren Eltern vor geschickt wurden. Es werden ein paar Fotos geschossen, doch im Großen und Ganzen sind die Iraner sehr zurückhaltend und eher beobachtend. Wir kommen uns vor wie im Zoo 😀 Wir in der Mitte und alle sehen uns an. Ali und Armin kommen immer mal wieder vorbei und sehen nach dem Rechten 🙂 Sie kümmern sich rührend um uns.IMGP6175Es tummeln sich wieder die Stechmücken, es ist so nervend! Wir bauen unser Zelt auf und verschwinden darin. Es ist warm und stickig. Mittlerweile ist es 22:45 Uhr. Der Park ist noch das blühende Leben! Überall sitzen die Menschen und essen, unterhalten sich, die Kinder spielen und es läuft Musik. Wann hier Ruhe einkehren wird, wir sind sehr gespannt!

Ali und Armin kamen eben nochmal vorbei. Wollten sich versichern ob alles gut ist, haben uns noch eine Flasche Saft mitgebracht und wünschen uns eine gute Nacht! Sie haben einen Orden verdient, zumal sie uns mindestens 20 km auf dem Rad begleitet hatten.

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