Kleine Radler in der großen Stadt

Heute ist das Zelt erstaunlich trocken, kein Tau, kein Regen, kein Kondenswasser, nichts. Das trifft sich sehr gut, denn wir sind schon vor 6 Uhr wach und so können wir gleich aufstehen, frühstücken und einpacken und müssen nicht erst auf die Sonne warten, die bei der „Zelt-Trocknung“ hilft.

Um 8 Uhr sind wird abreise bereit, wir nehmen die letzten Kilometer nach Urumqi in Angriff. Es dauert nicht lange da durchqueren wir unendlich lange Industriegebiete. Sie sind alle gerade erst in der Entstehung. Sebastian leitet uns geschickt in die Stadt hinein, vor allem auf kleinen Sträßchen!! Das freut mich sehr, ist da doch der Verkehr nicht so groß. Doch plötzlich hält er an und sieht mich ratlos an. Was ist los?? Vor uns befindet sich eine mehrspurige, recht stark befahrene Straße, sie ist ist durch Hecken und Leitplanken von uns getrennt. Doch diese will Sebastian nun überqueren, bzw. wir müssen irgendwie da hinüber kommen, denn dahinter geht es weiter in die Stadt. Wir folgen unserem Sträßchen und landen in einem wahnsinnigen Brückenlabyrinth. Überall fahren Autos, man braucht Zeit um erkennen zu können, welche Straße wo hin führt. Einige Straßen überqueren auch die, über die Sebastian möchte. Es gibt jedoch keinerlei Fußgänger-/Radfahrer-/Tuk-Tuk-Brücken, weshalb wir alle Verbotsschilder ignorieren und auf die Brücke auffahren. Immer wieder stoßen andere Straßen hinzu, wir durchfahren 2 kurze Tunnel und sind dann in einem anderen Stadtteil. Es herrscht sehr viel Verkehr und als hätte man nicht genug damit zu tun, die Autos, Busse und Fußgänger im Blick zu haben, meinen doch manche Tuk-Tuk-Fahrer einen „Freifahrtschein“ für alles zu haben, weshalb sie uns als Geisterfahrer entgegenkommen. Ebenso gilt die Regel, der Stärkere gewinnt. So zieht man als Radfahrer meist den Kürzeren obwohl man Vorfahrt gehabt hätte. Es ist ziemlich stressig und wir sind heilfroh, nach vier Stunden, endlich das Hotel erreicht zu haben.
Da wohl das Unterstellen der Räder etwas kompliziert ist, vor allem wenn man spontan einen Zugriff zu ihnen haben möchte, erhalten wir die Erlaubnis unsere Räder mit aufs Zimmer zu nehmen. Die Zimmer sind sehr geräumig und somit ist dies auch kein Problem.IMGP8766
Nachdem wir uns etwas sortiert und vor allem geduscht haben, fahren wir zum Bahnhof um unsere Tickets für die bevorstehende Zugfahrt nach Chengdu abzuholen. Da in der Vergangenheit einige Anschläge verübt wurden, herrscht in der Stadt ein hohes Polizeiaufkommen vor allem auch am Bahnhof. Durch unzählige Kontrollen müssen wir hindurch, bis wir endlich am Ticket-Schalter stehen. Nachdem wir das Ticket in der Hand halten, geht es zurück in die Stadt. Sie fasziniert uns sehr. Sie ist so groß, teilweise ist in den Straßen Schatten, da die Hochhäuser die Sonne nicht hindurch lassen. Wir kommen in einen Park, auch dort eine Unmenge an Polizei, ca. 10 Stück marschieren gerade durch den Park. Es erinnert mich sehr an die Ameisen-Armee bei Biene Maja. 😀 Sie sehen irgendwie ulkig aus und ich kann sie nicht so recht ernst nehmen. Am liebsten wäre mir gewesen, wenn sich Sebastian ihnen anschließt, mit etwas Abstand natürlich und ich hätte ein Foto schießen können. Doch das hätte mit Sicherheit sehr viel Ärger gegeben. Deshalb sehen wir zu, dass wir den Park verlassen und etwas zu Essen finden. Ein Restaurant zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es hat in der Mitte des Tisches einen kleinen Herd, dort steht ein großer Topf aus dem gegessen wird. Wir beschließen hinein zu gehen. Die Bedienung ist heillos überfordert. Spricht sie doch, wie alle anderen auch, kein Wort Englisch. So sitzen wir da und niemand traut sich zu uns. 😀 Zu dritt „streiten“ sie sich wohl darum, wer uns nun bedienen muss. Schlussendlich muss ein junger Mann in den „sauren Apfel“ beißen. Doch er bringt uns eine Speisekarte mit Bildern. Na also: Geht doch! Allerdings steht er wie ein „Presser“ neben uns. Hallo, kann man nicht in Ruhe die Karte studieren. Die Bilder sind zwar schön und gut, doch man sieht nicht so genau, was drin ist. Also entscheiden wir uns einfach, für das ansprechendste Bild und bestellen. Alles klar, dafür bekommen wir noch eine Liste. Wir sollen da was ausfüllen. Aha, alles auf chinesisch. Leute, wir verstehen es nicht. Am liebsten würde ich wahllos ein paar Häkchen setzen bzw. etwas hinein schreiben. Doch mal wieder, trau ich mich nicht :-/
Nach einer Weile kommt das Essen. Es ist voll mit Garnelen, etwas Gemüse, scharfen Sachen und riesig, dicken Nudeln. Sie sehen aus wie fette Regenwürmer. Sebastian ist die Lust vergangen. Er ist stinke sauer, da er mit den Garnelen nicht so recht was anfangen kann und es ist ihm zu scharf. Er hört bald auf zu essen. Ich pick mir wenigstens noch ein paar von diesen regenwurmartigen Flutschnudeln heraus, sowie Gemüse. Doch im Großen und Ganzen geht der Großteil des Essens leider wieder zurück. 🙁 Es ist schon ziemlich doof, wenn man nicht weiß was man da bestellt….
So kehren wir zurück zum Hotel, als kleinen Trost und zum Löschen der feurigen Münder, gibt es noch ein kleines Eis.

Heute haben wir erst einmal das leckere chinesische Frühstück genossen. Nun wissen wir auch weshalb wir hier keine Marmelade etc. finden. Denn Morgens gibt es in China: Reis, Schwabbel-Pilze (Fitschi-Futschi-Dingsbums oder so ähnlich), Nudelsalat, Broccoli mit viel Knoblauch, etwas Brot und noch ein paar andere Dinge. Morgen werde ich daran denken und den Fotoapparat mitnehmen 😉 Absolut gestärkt radelten wir dann zum Bahnhof und gaben unsere Räder auf. Es war super einfach und verlief ohne Komplikation. Doch wir blickten sehr wehmütig zurück, es ist ein komisches Gefühl sein wichtigstes und treustes Gefährt irgendwo abzugeben und nicht zu wissen was nun passiert und ob man alles wieder so bekommt wie man es zuletzt gesehen hat. Naja, wir wollen hoffen, dass alles klappt und wir am Dienstag wieder stolz auf unseren Rädern sitzen 🙂
Ansonsten haben wir ein paar nahrungstechnische Besorgungen getätigt, immerhin stehen 49 Stunden Zugfahrt an. Nun heißt es noch alles so gut wie möglich verpacken, so dass man nicht so viele Einzelteile tragen muss. Morgen Mittag werden wir dann in den Zug steigen und die lange Fahrt in Angriff nehmen. Sebastian hat sich heute 5 Brote besorgt, er hat mal wieder Angst zu verhungern….

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