Energieraubende Gastfreundschaft

Um halb acht steht unser Gastgeber wieder vor der Tür. Wir haben gut geschlafen und bereits all unsere Sachen gepackt, denn um 8 Uhr beginnt hier der Unterricht.
Wir werden eingeladen zum Frühstück bei David. Kein Problem, war es doch gestern so eine nette Runde! Wir wollen gerade los, da stellen wir die erste Panne am Rad fest. Sebastians Hinterrad hat einen Platten. Mit etwas Luft im Reifen fahren wir zu David, frühstücken gemeinsam und dann wird der Reifen geflickt. Um 10 Uhr sind wir startklar. Wir kommen gut voran und fühlen uns viel besser als gestern.
Um 13 Uhr finden wir ein schattiges Plätzchen, wir machen Mittagspause. Wir sitzen keine 10 Minuten, da rollt ein Auto an und der Fahrer steigt aus und kommt zu uns, in der Hand etwas Naschzeug. P1020358Er setzt sich zu uns, wir verstehen ihn nicht, er versteht uns nicht, doch er bleibt geduldig und rührt sich nicht vom Fleck. Doch eigentlich hätten wir beide gerade einfach nur gerne unsere Ruhe gehabt. Immer wieder fällt ihm etwas Neues ein, er springt auf und geht zum Auto, holt etwas heraus und schenkt es uns. Zum Teil ziemlich außergewöhnliche Geschmacksrichtungen. Wie z.B. getrocknete Kirschen in leichtem Salzmantel. Pfuii….
Er beschenkt uns in rauen Mengen, wir wissen gar nicht wo hin damit. Nach gefühlten 3 Stunden zieht er dann von Dannen. Wir beenden auch unsere „Pause“ und radeln weiter.

P1020361Ständig werden die Autos neben uns langsamer, fragen wo wir herkommen, wollen Fotos machen oder uns nach Hause einladen. Es ist kaum mehr auszuhalten. Es kommt uns heute sehr viel mehr vor als in den letzten Wochen. Wir kommen kaum voran, man kann sich das kaum vorstellen. Doch es läuft meist so ab, dass ein Iraner langsam von hinten anfährt, dann entweder mit uns auf einer Höhe fährt und eine Unterhaltung beginnt, egal ob man den restlichen Verkehr aufhält oder nicht, oder sie fahren an uns vorbei, halten dann auf dem Standstreifen und warten so lange bis wir kommen. Dann springen sie schnell aus ihrem Fahrzeug heraus oder strecken deutlich die Hand aus dem Fenster und machen uns klar wir müssen stehen bleiben. Dann wird kurz gequatscht und ein Foto gemacht. Sie sind glückselig und fahren weiter. Verrückt. In Deutschland unvorstellbar! Während wir mal wieder an der Seite angehalten werden bleibt plötzlich ein weiteres Auto stehen, wer steigt aus? Der Mann aus unserer „Pause“. Wo kommt der denn her? Er drückt uns zwei Flaschen Wasser in die Hand und fährt davon.
Wir kommen in Gonbad an. Aus jedem zweiten Auto wird uns zugewunken und hinterhergerufen. Wir kommen uns vor wie ganz besondere Leute. IMG_2669Wir treffen auf einen alten Mann. Er ist zum schießen. Er beherrscht die „Internationale Sprache“ perfekt. Er ist ein richtiger Schauspieler! Anhand von Mimik und Gestik kommuniziert er mit uns, begleitet uns ein Stück durch die Stadt und erklärt stolz den Passanten, dass wir Deutsche sind.
Wir verlassen die Stadt und suchen uns ein geschütztes Plätzchen. Wir sind erfolgreich und genießen die Ruhe.
Es war ein anstrengender Tag, haben wir doch kaum unsere Ruhe gehabt. Selbst auf dem Fahrrad werden wir angehalten… Gastfreundschaft und Neugierde hin oder her, aber irgendwann reicht es dann, sonst kommt man gar nicht mehr zur Ruhe. Viele Einladungen haben wir heute abgelehnt, es tut uns leid für die Iraner, manche schienen doch sehr enttäuscht. Doch irgendwann braucht man auch mal Zeit für sich.

Sebastian ging es heute Nachmittag nicht gut. Ich hatte schon die Befürchtung er hat einen Sonnenstich. Doch mittlerweile geht es ihm wieder besser und ich denke eher, sein Unwohlsein hängt mal wieder mit seinem Essverhalten zusammen. Hat er doch eine handvoll von diesen ekligen salzigen Kirschen gegessen. Er muss aber auch immer alles essen was ihm vor die Füße gelegt wird…

4 Gedanken zu „Energieraubende Gastfreundschaft

  1. Klaus

    In Gonbad habt Ihr sicher das Mausoleum des Zijariden-Herrschers Qabus besucht, der in vorislamischer Zeit dort gelebt und von 978 bis 981, und nach seiner Flucht und späteren Rückkehr noch einmal von 987 bis 1012 dort regiert hat. Er ist schließlich ermordet worden. Er hat sich selbst diesen großen Turm aus gemauerten Ziegelsteinen als sein Grabmal bauen lassen. Der Turm ist 52 m hoch. Nach der damaligen Vorstellung musste der Leichnam den Kontakt zur Erde verlieren. Deshalb wurde Qabus in einen Glassarg gelegt und in 45 m Höhe in dem Turm aufgehängt. Durch eine kleine Öffnung im Dach kam das Sonnenlicht herein und schien auf den Glassarg. Damit konnte seine Seele zum Himmel hinauf streben.
    Der Glassarg ist im Laufe der Jahrhunderte verschwunden. Es muss auch nicht appetitlich gewesen sein, was sich in diesem Gefäß ereignet hat!

  2. Nadine, Chris und Fabi

    Basti, Basti,… Mutig! 😀 Hoffe, die kulinarischen Erfahrungen machen dich zukünftig nur reicher und führen nicht mehr zu Unwohlsein.

  3. Muh macht die Kuh

    Salzige Tomaten, pfui….aber soviel wie ihr geschenkt bekommen habt konntet ihr es ja nur essen sonst haettset ihr es ja zurücklassen müssen. …bekommt ihr mehr geschenkt als in der Türkei?

    1. Barbara Beitragsautor

      Salzige Kirschen, meine Liebe 😉 wir haben, so leid es uns tut, einen Großteil weggeschmissen und die Dinge, von denen wir dachten es könnte anderen schmecken, meist an Kinder verschenkt.Die haben sich gefreut 🙂

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