Ich trage ein Tamei und du?

Wir hatten uns extra den Wecker gestellt, damit wir früh aufstehen und zeitig los fahren, um die „kühlen“ Stunden zu nutzen. Doch Pustekuchen. Der Wecker tat seine Arbeit, wir aber nicht. Wir waren hundemüde, drehten uns um und schliefen weiter. So wurde es halb 10 als wir endlich auf den Rädern saßen und aus der Stadt fuhren. Schnell stellte Sebastian allerdings fest, dass er ausnahmsweise mal ziemlich schlapp war und so legten wir schon bald die erste Pause ein.

Um 12 Uhr fand dann auch schon die zweite Pause statt. Eine sehr sehr lange Mittagspause. Anfänglich machte sie gar nicht den Eindruck, dass sie drei Stunden dauern würde. Wir ließen uns nur nieder um etwas zu Essen. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass es hier in diesem Restaurant nichts gab, so tranken wir nur einen Instant-Kaffee (der hier sehr beliebt sein muss, da man überall Werbung sieht und ihn in zig verschiedenen Sorten kaufen kann). Zu Beginn waren drei Damen anwesend, mit der Zeit kamen noch ein paar Frauen und Männer hinzu. Alle natürlich neugierdehalber. Ein junger Mann war unter ihnen, er sprach ein paar Brocken Englisch und so begann er eine kleine Konversation mit uns. Wir erzählten ihm, dass es für uns sehr neu sei, Männer in Röcken zu sehen und dass wir schon überlegt hatten uns auch einen zu besorgen. Gerade für mich, bei der Körperpflege sehr hilfreich. Dann kann ich es den Frauen hier nach machen und muss nicht immer komplett bekleidet ins Wasser steigen. Ebenso erfuhren wir, was es mit dem komischen Zeug auf sich hat, das alle kauen und einen blutroten Mund herbeiführt. Es handelt sich hierbei um ein Blatt von der Betel-Pflanze. Dieses Blatt wird mit einer weißen, klebrigen Masse bepinselt. Viellleicht Zucker? Denn anschließend kommen getrocknete Raspel der Betel-Frucht darauf und diese sind recht bitter. Zu guter letzt kommt eine Brise Tabak oben auf, der Mann meinte es seien Drogen. Wir wissen nicht ob es stimmt, vielleicht fehlte ihm auch einfach nur das passende englische Wort hierfür. Wenn alles beisammen ist, wird das Blatt zu einem kleinen Päckchen gefaltete und in den Mund gesteckt. Und dann heißt es kauen kauen kauen, bis der rote Speichel fließt. Irgendwann hat es sich scheinbar ausgekaut dann wird es kurzerhand auf den Boden ausgespuckt, deshalb auch überall auf den Straßen und Plätzen diese „Blutflecken“. Wir haben es noch nicht ausprobiert. Vielleicht werden wir es noch tun, ich weiß es nicht. Interessant ist es mit Sicherheit. Wenn ich mir aber die burmesischen Gebisse ansehe die uns da tagtägliche anlächeln, dann vergeht es mir eigentlich. Denn diese sind von diesem Material völlig rot-braun verfärbt und sehen dadurch absolut ungepflegt aus.
Nun denn, jetzt ist das Geheimnis um den roten Mund und die Flecken auf der Straße wenigsten zum Teil gelöst. Das Zeug ist aber auf alle Fälle sehr populär hier. So wie es in Thailand massenhaft Kaffeestände gibt, gibt es hier Stände die dieses „Kauzeug“ verkaufen.
Wir unterhielten uns noch eine lange Zeit. Immer wieder übersetzte der junge Mann dem Rest der Mannschaft, die sich von Zeit zu Zeit immer mehr vergrößerte. Kurz zusammengefasst kam es dann so. Das Sebastian und ich je einen Rock (longy für Männer, tamei für die Frauen) geschenkt bekamen und uns die Wickeltechnik beigebracht wurde, dann wurde von allen Seiten Essen heran gebracht. Die einen sponserten den Reis, die anderen das Gemüse, die Dritten Fleisch/Fisch und sonstiges Getier, ein anderer stellte uns Wasser und Cola bereit und wiederum einer brachte Ananas und Wassermelone. Schlussendlich saßen wir mitten drin, statt nur dabei, an einem gut gefüllten Tisch und ringsherum starrten uns 12 Augenpaare an und sahen uns zu wie wir aßen. Ein komisches Gefühl, aber uns ging es gut 😀 Als wir dann um 15 Uhr den Aufbruch ankündigten und wenigstens unseren Kaffee bezahlen wollten, lehnten sie dies strickt ab. Sie wollten unser Geld einfach nicht haben. Irgendwann gaben wir es auf und bedankten uns mehrmals für diese Herzlichkeit, dann fuhren wir weiter. Es war eine tolle Mittagspause und wir fühlten uns sehr wohl. Es erinnerte mich ein wenig an die Gastfreundschaft im Iran.


Die folgenden Kilometer wurden dann wieder staubiger. Die Straße war teils noch eine Baustelle, da sie gerade dabei sind diese zu verbreitern. Immer wieder durch fuhren wir kleine Dörfer. Die Menschen winkten uns fröhlich zu und riefen „Minggalaba“ was so viel heißt wie „Hallo“. Um 17 Uhr erreichten wir ein Dorf an dessen Ende eine Schranke war. Wir wissen nicht so recht ob es ein Checkpoint ist oder eine Mautstelle für die dahinter liegende Brücke, denn alle Autofahrer hielten an und zahlten Geld. Auch wir wurden angehalten aber nicht um Geld zu bezahlen. Ein junger Mann erzählte uns in sehr gutem Englisch, dass nun die nächsten 30 km kein Dorf mehr kommen wird und wir hier übernachten müssen. Hier gäbe es einen Tempel, dies sei das „Hotel für Touristen“. Auf Nachfrage wie viele Touristen denn hier durch kämen, lachte der Mann und sagte „viele und alle auf dem Rad“. Na dann…
Was wollen wir machen, gehen wir halt in den Tempel. Mir kam das ganz recht.
Im Tempel zeigte uns ein Mönch unseren heutigen Schlafplatz. Er war wenig interessiert an uns, gab nur knappe Anweisungen von wegen Dusche und Klo, dann verschwand er wieder. Wahrscheinlich hat er sich auch gedacht: „schon wieder so blöde Touristen die ich hier beherbergen muss!“
Wir richteten uns häuslich ein und es dauerte nur wenige Minuten da waren wir umringt von einer Kinderschar. Um genau zu sein 14 Stück! Im Alter von 2 bis 12 Jahren war alles dabei, der Großteil war aber wohl um die 6-8 Jahre alt. Sie sahen uns sehr neugierig zu, sobald einer von uns aufstand um irgendwo hinzu gehen, sprang sofort ein Teil auf und folgte, während der andere Teil zurück blieb. Bloß nichts verpassen. Es war ein heiden Spass doch glücklicherweise gehen hier alle Kinder artig nach Hause, sobald es dunkel wird. So hatten auch wir dann unsere Ruhe und konnten ungestört essen, waschen und ins Bett gehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert