Samstag und Sonntag, es geht nach wie vor weiter am Panj entlang, immer mit Blick auf Afghanistan. Ab und an laufen uns ein paar Soldaten über den Weg, doch im Großen und Ganzen zeigen sie recht wenig Präsenz. Die Straße ist nach wie vor schlecht. Würden wir es nicht mit eigenen Augen sehen, dann würden wir niemals glauben, dass hier LKWs fahren. Zum Teil fahren sie sogar bei Dunkelheit, was wir absolut gar nicht nachvollziehen können. Das Tal wird sehr eng, links und rechts steile Felswände, eine gigantische Schlucht. Diese öffnet sich plötzlich nach ca. 20 km und wir haben einen tollen Blick auf einen leicht schneebedeckten Berg ( ca. 5000 Meter hoch). Doch mit einem Nachtplatz sieht es ziemlich mau aus. Schlussendlich finden wir dann doch etwas, leicht abschüssig und der Boden ist an dieser Stelle sehr trocken bzw. sandig, so wie die letzten Kilometer auch. Schon während des Zeltaufbaus gerät jede Menge Sand in das Innenzelt auf Grund eines starken Windes. Wir beschließen deshalb Schlafsack und Isomatte bei den Rädern zu lassen und nur die Wertsachen mit ins Zelt zu nehmen. Damit nicht alles eingestaubt ist. Dies war eine gute Entscheidung, denn der Wind hält die ganze Nacht an. Obwohl wir alles zugemacht haben ist alles voller Staub. Kaum vorstellbar wie fein er ist und durch welch winzig kleine Poren er hindurch kommt. Zudem ist es dann auch noch sehr warm im Zelt. Es ist eine furchtbare Nacht. Oft gehen wir nach draußen um nach frischer Luft zu schnappen, begutachten den wunderbaren Sternenhimmel und huschen dann wieder in das Zelt zurück in der Hoffnung müde zu sein und gleich einzuschlafen.
Um 5 Uhr stehen wir auf, entstauben uns so gut es geht und packen ein, uns hält hier nichts mehr. Wir radeln los, passieren mal wieder einen Check-Point vor dem sich die LKWs stauen die uns gestern alle überholt hatten. Wir können gleich hindurch und finden kurz darauf einen kleinen Gebirgsbach. Dort steige ich hinein und wasche den Staub der Nacht ab. Es ist eisig kalt das Wasser, doch es gibt ein tolles Gefühl 🙂 Frisch gewaschene Kleider und ein Gefühl wie neu geboren radeln wir weiter, zumeist auf asphaltierter Straße. Heute ist kaum Verkehr, wir genießen es sehr.
Am Nachmittag dreht der Wind, er kommt plötzlich von vorne. Wir sind hundemüde und finden einen schönen Platz. Zwar direkt an der Straße, aber nachts hält sich der Verkehr in Grenzen.
In diesem Tal geht es stetig auf und ab, sodass wir 1000Hm zurücklegen im Endeffekt aber nur 300m höher sind als am Morgen. Etwas frustrierend doch die Landschaft ist so atemberaubend, wild und wunderschön, sodass die Höhenmeter kaum ins Gewicht fallen.
Im Übrigen ist Sebstians Hut sowie sein Tuch in einer seiner Satteltaschen wieder aufgetaucht. Was soll man dazu noch sagen 😉
Montag, war gestern Abend die Rede davon, dass sich der Verkehr nachts in Grenzen hält??? Dies können wir dieses Mal nicht bestätigen. Scheinbar wurde am Abend der Check-Point für die LKWs geöffnet, denn ab 19 Uhr rollte einer nach dem anderen an unserem Zelt vorbei, bis nachts um halb 12!!! Dank Ohrstöpseln war schlafen möglich.
Wir radeln weiter und nähern uns langsam aber sicher der Stadt Khorog. Unterwegs kaufen wir ein paar Kleinigkeiten in den Dorfläden. Wir suchen Tomaten und Gurken für die Mittagspause, können aber keine finden. Wir stehen gerade in einem kleinen Dörfchen, das erstaunlich viele Läden hat, da werden wir von einem Mann auf Deutsch angesprochen. Er läd uns nach Hause ein, wir könnten uns bei ihm etwas ausruhen und wenn die Mittagshitze nachlässt weiter radeln. Ob wir nun Morgenmittag schon in Khorog sind oder erst am Abend, das macht den Bock nun auch nicht fett, weshalb wir mit dem netten Mann mitgehen. Er hat Deutsch studiert und hat zu DDR-Zeiten in Deutschland Urlaub gemacht. Er hatte auch über viele Jahre einen deutschen Brieffreund, doch leider ist der Kontakt plötzlich abgebrochen, er weiß nicht warum. Auf der Straße werden wir sehr oft gefragt woher wir kommen, so auch in diesem Dorf. Und so kam es dazu, dass wir am Dorfeingang mal wieder gefragt wurden, dann setzte sich der örtliche Buschfunk in Gang und während wir nach Tomaten suchten hatte unser Gastgeber genügend Zeit um uns auf der Straße zu suchen. Er erzählt, sobald einer mitbekommt, dass Deutsche im Ort sind, wird er informiert und er läd sie zu sich ein, damit er seine Deutschkenntnisse anwenden bzw. verbessern kann. Dadurch hatte er schon einige Radler bei sich zu Gast. Wir unterhalten uns mit ihm, essen gemeinsam und so kommt es, dass er uns einen Schlafplatz für die Nacht anbietet. Seine Familie ist auch da, seine jüngste Tochter lernt gerade ebenfalls Deutsch, sie erhält ein Stipendium und möchte im Herbst für 6 Monate nach Deutschland. Wir bleiben gerne bei ihnen zu Gast und da es erst Mittag ist, bieten wir ihnen an, bei ihrer noch anstehenden Arbeit zu helfen. Doch heute haben sie frei. Die letzten Tage haben sie Heu gemacht, heute haben sie Urlaub, somit gibt es nichts zu tun. Stattdessen bekommen wir eine kleine Führung durch das Dorf und die angrenzenden Gärten. Jede Familie hat hier ein kleines Grundstück. Anschließend sehen wir beim Brot backen zu. Wahnsinn wie die Frauen das machen. Sie kleben das Brot an die Innenwände eines Steinofens, währenddessen sind sie der Hitze ausgesetzt. Unbeschreiblich. Dann zeigt uns Rustam seine kleine Bibliothek an deutschen Büchern, dabei fällt uns ein Plakat an der Wand auf, es ist aus Schwäbisch Hall. Er hat es während seines Studiums geschenkt bekommen. Wir haben viele Gespräche unter anderem über das Thema Wasser. Es ist kaum zu glauben, doch laut Rustam war der Winter sehr mild, sie hatten wenig Schnee, was nun zur Folge hat, dass es wenig Wasser gibt. Deshalb gibt es eine strenge Regelung was die Bewässerung der Gärten außerhalb des Dorfes! angeht. Jeder Garten darf in der Woche nur einmal für eine Stunde bewässert werden. Dafür gibt es einen festen Plan an den sich alle halten müssen. So wird gewährleistet, dass jeder Wasser bekommt und nicht einer ganz viel und der Rest gar nichts. Wir stellen mal wieder gemeinsam fest: Wasser ist nicht nur Leben, Wasser ist Gold!!!
Dienstag, um 6 Uhr werden wir von Rustam geweckt. Es gibt ein traditionelles pamirisches Früstück, Shir Chai. Wenn ich nun den Inhalt aufschreibe, wird so manch einem mit Sicherheit ein Schauer über den Rücken laufen 😀 Shir Chai besteht aus: Schwarztee, Milch, Salz und Butter. Ein absolut ungewöhlicher Geschmack und als ich es das erste Mal hörte, dachte ich mir nur: Pfui Teufel so was kann man doch nicht trinken. Ich muss aber zugeben es schmeckt gar nicht mal so schlecht. Mag aber wohl nur daran liegen, dass man es nicht unbedingt trinkt wie einen Tee, sondern eher wie eine Suppe isst da sie noch Brot hinzu geben. Aber eine Tasse davon langt dicke 😀
Nachdem wir mit Shir Chai gestärkt sind machen wir uns auf den weiteren Weg nach Khorog. Im Schatten ist es noch erstaunlich frisch. Irgendwie kommen wir nur mühsam voran. Wir machen immer wieder kurze Pausen und kommen schlussendlich am späten Nachmittag, nach 80km hundemüde in Khorog an. In der Touristinfo ist eine junge Frau, sie spricht sehr gut Englisch und organisiert uns einen Schlafplatz. Hier schläft man für gewöhnlich in sogenannten Homestays, das heißt bei den Leuten zu Hause. Wir fahren zu unserer Unterkunft, die Besitzerin ist recht jung, spricht ebenfalls gut Englisch und ist auf Grund einer Behinderung an das Haus „gefesselt“. Sie ist hin und weg, als Sebastian ihr erzählt, dass er Elektroingeneur ist. Sie hat nämlich einen Rolltsuhl aus den USA, der hier aber nicht funktioniert. Sie bittet ihn darum, dass er mal ein Auge darauf wirft. Als ich dann auch noch erzähle, dass ich Ergotherapeutin bin, kommt sie aus dem Strahlen nicht mehr heraus. So etwas kennt sie nämlich nur aus den USA. In Tadschikistan gibt es so etwas nicht. Ich bin sehr gespannt wie sich das in den nächsten Tagen entwickeln wird und ob wir mal zur Abwechslung arbeiten dürfen.
Auch hier stoßen wir wieder auf das Thema Wasser. Man mag es kaum glauben, doch in dieser Provinzhauptstadt gibt es fließendes Wasser nur zu bestimmten Zeiten. Morgens zwischen 7 und 8 Uhr und am Nachmittag zwischen 16 und 17 Uhr. Es ist absolut surreal, denn Khorog hat zwei Flüsse, den Panj und Ghund. Warum ist es nicht möglich den Menschen hier rund um die Uhr fließendes Wasser zu bieten?
Bislang sind wir im Panjtal von 900 Meter Höehe auf ca. 2100 Metern in Khorog gefahren. Fuer diese 380 km haben wir allerdings 4600 Höhenmeter zurücklegen müssen.
Mal wieder eine kurze unglaubliche Geschichte. Gerade klingelt das Telefon und ein Herr meldet sich und erzählt mir, dass wir ja in Tadjikistan waren und da bei der Janosa (Bild 80) und ihrem Vater Rustam, dem Deutschlehrer übernachtet hätten. Sie ist gerade bei Ihm als Praktikantin in der Nähe von Ansbach und hat ihm vor kurzem unsere Karte gezeigt. 3 Wochen ist sie noch hier, da schauen wir auf jeden Fall mal in Ansbach vorbei!
Lustig an der Sache ist auch, dass wir vor 2 Wochen mal über sie gesprochen hatten und uns fragten ob sie in Deutschland war oder ist.
Hallo Ihr Beiden,
wieder mal sensationelle Bilder. Scheint Euch ja auch blendend zu gehen.
Und in den nächsten 3 Wochen kann man dann ja auch die Informationssflut
aufarbeiten.
Ganz, ganz liebe Grüsse
Gö
Hallo mal wieder,
auch wir bewundern Eure Berichte und Fotos. Kann es sein, dass der Sensor der Kamera verdreckt ist, denn auf vielen Fotos erscheinen oben 3 dunkle Punkte.
Kommt gut weiter und lasst uns teilhaben.
Ciao
Ina & Martin
Sehr sehr aufmerksame Beobachter haben wir hier! Den Dreck auf Barbaras Kamera haben wir schon bemerkt, doch können ihn nicht beseitigen. Meine Kamera/Objektiv werde ich morgen mal untersuchen.
Das ist gar nicht so einfach mit dem mal schnell reinigen. Wir haben nun unzählige Versuche damit verbracht und einige Nerven verloren, doch nun sollte es wieder passen. Wenn man dachte es ist sauber, hat sich nach ein paar Bilder wieder etwas festgesetzt, dann nochmal von vorne usw.